Nachholbedarf bei ERP-Software-as-a-Service
Vorteile der Cloud setzen sich bei KMU langsam durch
Die geringe Geschwindigkeit, mit der die Digitalisierung in Deutschland fortschreitet, gilt als einer der Gründe für das aktuell schwache Wirtschaftswachstum. Große Hoffnungen auf eine spürbare Beschleunigung sollte der verstärkte Einsatz der Cloud bringen. Vor fast einem Jahr sprühte der deutsche Digitalverband Bitkom bezüglich der Cloud-Nutzung vor Optimismus. Cloud Computing habe sich in Deutschland etabliert und stehe nun vor einem rasanten Wachstum. In fünf Jahren, so hieß es, wollten 56 % aller Unternehmen mehr als die Hälfte ihrer IT-Anwendungen aus der Cloud betreiben. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) tun sich allerdings noch immer schwer mit dem Weg in die Cloud.
Im Mai 2023 kommentierte der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder optimistisch: „Schon heute nutzen praktisch alle Unternehmen Cloud-Anwendungen. Die Intensität der Nutzung wird in den nächsten Jahren aber stark zunehmen. Cloud ist das neue Normal der digitalen Welt“. Er warnte jedoch auch vor zu viel Optimismus: „Gleichzeitig gilt aber auch: Die Unternehmen werden zumindest mittelfristig nicht alle IT-Anwendungen in die Cloud verlagern.“
Kleine und mittlere Unternehmen bilden in Deutschland das Rückgrat der Wirtschaft. Insofern kommt deren Digitalisierungsstrategien große Bedeutung zu. Die Erfolge der vergangenen Jahre sind deutlich sichtbar. Vor allem bezüglich der digitalen Infrastruktur hat sich vieles verändert. Dennoch zeigten sich KMU beim Einsatz betriebswirtschaftlicher Software zunächst zurückhaltend. Nun waren die ersten ERP-Anwendungen durchaus starre, monolithische Blöcke. Das aber hat sich in den letzten Jahren radikal verändert. In Großunternehmen wie in KMU kommen zum großen Teil skalierbare ERP-Systeme zum Einsatz. Laut der erstmals durchgeführten Studie „ERP Barometer 2024“ von Unternehmenssoftware-Anbieter Forterro setzen 74 % der befragten Unternehmen aktuell eine ERP-Lösung beziehungsweise eine betriebswirtschaftliche Software ein. Die verbleibenden 26 % planen den Einsatz einer entsprechenden Unternehmenssoftware innerhalb der nächsten zwei Jahre.
Sprechen Datenschutz und Sicherheit für die Cloud?
Beim Weg in die Cloud sind kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden allerdings überraschend zögerlich. Hier dominiert bei mehr als der Hälfte der KMU (52 %) immer noch der Betrieb als On-Premises-Lösung. Zumindest bei kleineren und mittleren Unternehmen scheint der Trend, alles in die Cloud zu migrieren, noch nicht komplett angekommen zu sein. Gefragt nach den Gründen für ihre Entscheidung zugunsten eines On-Premises-ERP-Systems, das lokal auf den internen Servern des Unternehmens läuft, nannten die Befragten Themen wie Datenschutz und Sicherheit.
Das überrascht, liegt doch laut Cloud-Monitor 2023 von KPMG das Hauptaugenmerk bei der Cloud-Nutzung „auf einer sichereren IT“. Sechs von zehn befragten Unternehmenhaben haben angegeben, mit ihrer Cloud-Strategie die IT-Sicherheit steigern zu wollen. Dieses Ergebnis zeige, heißt es in dem Report, „das hohe Sicherheitsbedürfnis in Zeiten geopolitischer Spannungen und zunehmender Cyberangriffe“. KPMG scheint also mehrheitlich größere Unternehmen zu befragen. Diese haben auch früher auf ERP-Lösungen gesetzt, ERP-Anwendungen gehören dort seit geraumer Zeit zum Standard. KMU dagegen haben lange mit der ERP-Einführung gezögert. Lange Zeit haftete der betriebswirtschaftlichen Planungssoftware der Makel des komplexen, teuren und „schwerfälligen“ IT-Systems an, für dessen Betreuung und Wartung es eine eigene IT-Mannschaft brauche.
Bild 1: Zukünftige Bereitstellung von ERP-Software.
Software-as-a-Service wird mittelfristig Standard
Dabei ist ein Wechsel zu ERP als Software-as-a-Service in der Regel problemlos, eben weil keine eigene IT-Infrastruktur erforderlich ist und der Anbieter sowohl Updates als auch die Wartung übernimmt. Mit einem Wechsel in die Cloud ergibt sich für KMU eine deutlich bessere Übersicht und Kontrolle der Kosten ihrer ERP-Lösung. Das erkennen auch immer mehr der von Forterro befragten KMU. Die Studienteilnehmenden erwarten, dass sich mittelfristig der Anteil der Cloud-Nutzer von derzeit 31 % auf 45 % und der Anteil der hybriden Bereitstellungsform von 16 % auf 20 % erhöht. Im Gegenzug verringere sich der Anteil der Nutzer, die ERP ausschließlich On-Premises nutzen, von derzeit 52 % in den kommenden zwei Jahren auf 32 %. Von den Unternehmen, die erstmals die Nutzung eines ERP-Systems planen, werden voraussichtlich 47 % die ERP-Software komplett aus der Cloud beziehen und 19 % zumindest in Teilen.
Überhaupt ist der Kostenfaktor im Mittelstand sehr präsent. Befragt nach den grundlegenden Vorteilen des ERP-Einsatzes, gaben IT- und Business-Verantwortliche grundsätzlich die Kostensenkung (48 %) an. Dabei entfällt ihrer Erwartung zufolge ein wesentlicher Ansatz zur Kostenreduzierung auf die Prozessoptimierung (41 %) und die Beseitigung redundanter Prozesse. Durch die Integration verschiedener Geschäftsfunktionen wie Finanzen, Personalwesen, Beschaffung, Produktion und Vertrieb in einer einzigen Plattform ermöglichen ERP-Systeme nach Aussage der Befragten eine nahtlose Datenkommunikation zwischen verschiedenen Abteilungen. KMU sind überzeugt, so Prozesslücken schließen zu können und das Risiko von Fehlern und Inkonsistenzen zu minimieren und Redundanzen zu eliminieren, was die Effizienz (41 %) sowie Produktivität steigen ließe und gleichzeitig die Kosten senke.
Aber es geht den KMU mit der Einführung eines ERP-Systems nicht nur um die Verbesserung aktueller Geschäftsprozesse. Auch bei kleineren und mittleren Unternehmen haben sich Produktzyklen in den letzten Jahren erheblich verkürzt. Um ein Unternehmen auf Kurs zu halten und in eine sichere Zukunft führen zu können, sind ständig aktuelle Daten inzwischen unabdingbar. Die Top-5 der genannten Mehrwerte ergänzen demzufolge erwartbar die verfügbaren Echtzeitdaten (46 %) und schnelle Reporting- und Analysemöglichkeiten (37 %).
Dabei geht es nicht nur um das eigene Unternehmen. Gerade KMU sind in der Regel Teil einer Zulieferkette – sowohl was Roh- oder Vorprodukte als auch die Lieferung der eigenen Produkte zur Weiterverarbeitung betrifft. Ein Drittel der Befragten gab auch an, durch den ERP-Einsatz ihr Supply-Chain-Management verbessern zu wollen. 31 % der IT- und Business-Entscheider bestätigen außerdem, dass ihr ERP-System dazu beitrage, die internationale Zusammenarbeit zu verbessern. Konkret vereinfachten standardisierte Prozesse, mehrsprachige und mehrwährungsorientierte Funktionen die Zusammenarbeit und die Kommunikation zwischen Teams über Ländergrenzen hinweg. Da außerdem alle relevanten Daten und Informationen in einem zentralen System gespeichert seien, könnten Mitarbeitende an verschiedenen Standorten leichter auf identische Informationen zugreifen und in Echtzeit zusammenarbeiten.
Bild 2: Die wichtigsten ERP-Add-ons für KMU.
Kostenreduktion für KMU teilweise überlebenswichtig
Neben dem Supply-Chain-Management sind es auch Themen wie das Management der Kundenbeziehungen (CRM – Customer Relation Management) sowie des Dokumentenmanagements (DMS), die KMU mit ihren ERP-Lösungen kombinieren wollen. Durch ein integriertes DMS stünden alle wichtigen Informationen und Dokumente wie Lieferanten- und Bestellscheine oder Projektakten unternehmensweit digital zur Verfügung. Als weiteren Vorteil nennen KMU die digitale Signatur, die Geschäftsabschlüsse beschleunige. Weitere wichtige Add-ons sehen die Business-Entscheider etwa in Projektmanagementtools (36 %), Webshop-Anwendungen (29 %) und Business-Intelligence-Funktionen (24 %). Zudem sind Tools zur effizienten Produktionsplanung in der Industrie (37 %) gefragt.
Im Rahmen der Studie wurden IT- und Business-Entscheider der KMU auch um ihre Einschätzung zu künftig priorisierten Themenfeldern gebeten. Dabei zeigte sich, das Topthema ist und bleibt die Digitalisierung (45 %). Nur durch die digitale Transformation ließen sich manuelle Prozesse reduzieren und Freiräume für die Beschäftigten schaffen, die dann ihre Arbeitskraft wertschöpfender einsetzen könnten. 42 % der befragten KMU gaben an, Kosten senken zu müssen, um ihre Produkte und Dienstleistungen weiterhin zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten zu können und so ihre Geschäftsziele zu erreichen.
Bild 3: Trendthemen der Zukunft.
Auch für die Zukunft haben die Befragten klare Präferenzen und es wundert nicht, dass dabei das Thema Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle spielt. Ein Drittel der KMU legt ein besonderes Augenmerk auf das Zusammenspiel von Internet of Things (IoT) und Künstlicher Intelligenz (KI). Durch die Integration von KI in IoT-Geräten ließen sich Funktionen optimieren und erweitern. Autonome Systeme, die auf IoT und KI basieren, könnten selbstständig agieren. Das umfasse beispielsweise Roboter, die komplexe Aufgaben in Fabriken ausführen oder autonome Fahrzeuge. Doch es geht nicht allein nur um technologische Themen.
Ähnlich hoch ist der Anteil der KMU (35 %), für die nachhaltiges Handeln ein relevanter Aspekt ist. Vielen wird es immer wichtiger, umweltbewusst zu handeln, Ressourcen effizient zu nutzen und soziale Verantwortung zu übernehmen, um somit einen positiven Beitrag zur Gesellschaft und Umwelt zu leisten. Darüber hinaus trägt Nachhaltigkeit zum Image und zur Kundenbindung bei. Denn viele Verbraucher achten zunehmend auf Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen, die umweltbewusst erzeugt werden.
Thomas Knorr ist Director Cloud Transformation bei Forterro und unterstützt die Digitalisierung sowie den Weg in die Cloud bei den Forterro Portfolio-Unternehmen. Seit über 18 Jahren befasst er sich mit dem Thema „Cloud ERP“ für kleine, mittelständische und große Unternehmen und begleitete Cloud-Transformation auf Kunden- und Anbieterseite unter anderem bei SAP, Workday und IFS.
Forterro München
Rosenheimer Straße 141h
81671 München
Tel.: +49 89 21909630
E-Mail: fcecomms@forterro.com