31. August 2025

Lean Thinking bei der Einführung eines neuen ERP-Systems

Dietmar Geiger

Lesen Sie:

  • wie Lean Thinking zum Erfolg von ERP-Projekten beiträgt
  • welche Grundprinzipien dafür entscheidend sind

Dieser Artikel beleuchtet, welche Grundprinzipien dem Lean Thinking zugrunde liegen und welche Rolle dieser Ansatz bei der Einführung von ERP-Systemen spielt.

Lean Thinking beruht im Wesentlichen auf dem Toyota Production System (TPS). Die Bezeichnung „Lean“ wird überwiegend in den westlichen Ländern verwendet, während sie in Japan nicht gebräuchlich ist.

Lean Thinking baut auf den folgenden Grundprinzipien auf:

  • Werte für den Kunden maximieren
  • Fluss-Prinzip einhalten
  • alle unnötigen Aufwände, Prozesse und Arbeitsschritte vermeiden
  • Effektivität und Effizienz steigern
  • alle Menschen im Unternehmen einbinden

Auch wenn der Ursprung aus dem Automotive-Bereich kommt, lässt sich Lean auf viele andere Branchen anwenden. Lean Thinking wird zwischenzeitlich auch in vielen administrativen Bereichen, in der Lebensmittelindustrie, im Einzelhandel, im Baugewerbe, in Logistikunternehmen und sogar in Krankenhäusern eingesetzt. In welchem Zusammenhang dies mit der Einführung eines neuen ERP-Systems steht, wird nachfolgend eingehend erläutert.

Die Einführung eines neuen ERP-Systems ist kein IT-Projekt

Hier kommt das eingangs aufgeführte Grundprinzip des Lean Managements, alle Menschen im Unternehmen einzubinden, zum Tragen. Der ehemalige CEO der Toyota Motor Corporation Fujio Cho äußerte treffend: „First we build people, then we build cars“. Dieses Zitat lässt sich hervorragend auf die Einführung eines neuen ERP-Systems übertragen.

Bereits in der Planungsphase zur Einführung eines neuen ERP-Systems müssen alle Bereiche und Abteilungen, die später mit dem System arbeiten werden, aktiv mit eingebunden werden. In vielen Unternehmen ist diese erste Projektphase oft noch sehr IT-lastig. Erst in den späteren Projektphasen werden dann nach und nach die weiteren Bereiche mit involviert. Wenn die Struktur des neuen Systems dann aber bereits steht, führt dies zu unnötigen Nachbesserungen und Anpassungen. Und wer kennt sich schon besser in den Prozessen eines Unternehmens aus als die Mitarbeitenden, die täglich damit arbeiten.

Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist in diesem Zusammenhang auch die Bereitstellung der benötigten Ressourcen. Ein Mehraufwand in den ersten Projektphasen führt zu weniger Änderungen und zu weniger unnötigen Aufwänden in den späteren Projektphasen. Es ist auch anzustreben, Mitarbeitende ganz oder teilweise für das ERP-Projekt freizustellen. Die  Auswahl der richtigen Mitarbeitenden, die Gewährleistung der entsprechenden Ressourcen sowie die Unterstützung des Managements können über Erfolg oder Misserfolg des neuen ERP-Systems entscheiden. Die Menschen und deren Zusammenarbeit tragen maßgeblich zum Erfolg und der Akzeptanz des neuen ERP-Systems im Unternehmen bei. Außerdem wird das Silodenken zwischen unterschiedlichen Bereichen überwunden. Aus Schnittstellen werden Nahtstellen.

Effektivität kommt vor Effizienz

Hierzu muss zuerst der Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz geklärt werden. Effektivität bedeutet, die richtigen Dinge zu tun; ausgerichtet auf eindeutige Ziele. Effizienz hingegen bedeutet, die Dinge richtig zu tun, um so wenig wie  möglich Ressourcen zu verbrauchen. Von Beginn an müssen die richtigen Prozesse betrachtet werden. Unnötige Prozesse nur effizienter zu gestalten, ergibt keinen Mehrwert für ein Unternehmen und seine Kunden. Wie kann nun diese Erkenntnis auf
die Einführung unseres neuen ERP-Systems übertragen werden?

Ziele müssen von Anfang an klar definiert sein, damit sich das Projektteam auf die richtigen Themen konzentrieren kann:

  • Welchen Mehrwert bringt das neue ERP-System für das Unternehmen?
  • Welche technischen und organisatorischen Verbesserungen möchte das Unternehmen umsetzen?
  • Welche Unternehmensbereiche und Geschäftsprozesse werden in das neue ERP-System eingebunden?
  • Welche externen Partner werden benötigt?
  • Wie hoch ist das geplante Budget und wie wird es überwacht?
  • Gibt es einen klaren Zeitrahmen und ein definiertes Projektende?
  • Welche Vorgaben zu den Themen Datenschutz, Sicherheit, Compliance und Audit-Konformität müssen eingehalten werden?
  • Wie werden bereits heute Daten im Unternehmen erfasst (zum Beispiel: BDE-, MES-, CAQ- oder weitere Systeme) und welche dieser Systeme müssen zwingend in das neue ERP-System eingebunden werden?
  • Datenmigration: Welche Altdaten müssen unbedingt in das neue System übertragen werden?
  • Welche Auswertungen, Reports und Kennzahlen werden benötigt?
  • Wird das neue System auf einem lokalen Server oder cloudbasiert betrieben?
  • Wie flexibel und skalierbar muss das neue ERP-System gestaltet werden, um sich an neue Marktsituationen anzupassen?
Autorenfoto Dietmar Geiger

Dipl. Ingenieur (FH) Dietmar Geiger blickt auf über 35 Jahre Tätigkeit im Industrial Engineering bei verschiedenen Automobilzulieferbetrieben zurück. Seit 2023 ist er als freiberuflicher Berater im Bereich „Produktions- und  Prozessoptimierung“ für unterschiedliche Kunden, hauptsächlich im Automotive-Bereich, tätig. Das Thema Lean  Management begleitet ihn seit über 30 Jahren.

Dietmar Geiger
Freiberuflicher Berater für Produktions- und
Prozessoptimierung
Finkenweg 8
71686 Remseck am Neckar